Keine Lügen


                            Irrtümer – Lügen  Wahrheiten
Irrtum oder Lüge? Lüge oder Wahrheit? Diese Fragen bewegen seit Jahr und Tag die Menschheit.
Auf der Suche nach Neuem, nach neuen, besseren Lösungen irrt der Mensch all zu oft. Jeder, der Neuland beschreitet, setzt sich der Gefahr aus, dass ihm Irrtümer unterlaufen.
Auch im Rahmen der Gesellschaft können die Akteure von Parteien, ja ganzer Staaten in die Lage geraten, dass sie Fehleinschätzungen unterliegen und unreale Ziele setzen. Dass ihnen Irrtümer unterlaufen und sie dann Abstriche von hoch gesteckten Absichten machen müssen. Eine Kette von Irrtümern und daraus folgenden falschen Schlüssen, sog. Lügenentscheidungen, kann zu Staatskrisen und anderen Katastrophen auswachsen. Das ganze System kann zum Einsturz gebracht werden.
Die bürgerliche Gesellschaft, die seinerzeit die Feudalordnung abgelöst hat, brachte große Fortschritte für die Menschheit. Sie ist aber – je weiter sie sich von den ursprünglichen Zielen gesellschaftlichen Fortschritts entfernt hat – zu großen Teilen zu einer regelrechten Lügenordnung verkommen. Das fortwährende Ausposaunen wohltönender Freiheits- und Menschenrechtsfloskeln kann nicht hinwegtäuschen über die zunehmende Ausbeutung ganzer Völker, über Gewalt, verheerende Kriege, Kriegsgräuel, über Armut und Unterdrückung – all das allein im Dienst des Kapitals.
Menschlichkeit, Freiheit, Aufrichtigkeit und Wahrheit – das waren maßgebende Werte der bürgerlichen Lebenskultur in der Anfangsphase der Bourgeoisie-Gesellschaft. Aber diese Prinzipien hat die moderne Kapitalordnung längst hinter sich gelassen. An die Stelle von bürgerlicher Gleichheit und Gerechtigkeit sind Ausbeutung, Markt, Macht, Weltherrschaft getreten.
In dieser Gesellschaft zählen nur Profit und Nutzen für die Herrschenden. Agitation und Propaganda setzen dabei auch ganz gezielt falsche Versprechungen, Prophezeiungen und eben auch Lügen ein, um Menschen zu manipulieren. Die Sprache der Mächtigen, die Machtsprache – das ist die Sprache der monopolisierten Marktwirtschaft. Und diese Marktsprache ist – den Gesetzen der Kapital- und Finanzmärkte folgend – zu großen Teilen ganz vorsätzlich Lügensprache.
                                                              ***
Das Wichtigste im Leben – im Großen, wie im Kleinen – ist die Suche nach der Wahrheit. Der Weg zur Wahrheit – im Rahmen der Gesellschaft, wie für den Einzelnen – ist oftmals schwierig und weit. Auf dem Weg zur Wahrheit geschehen viele Fehler und Irrtümer.

Das Streben nach Wahrheit ist eine Sache des Fortschritts, des Voranschreitens der Gesellschaft und des Vorwärtskommens des einzelnen Menschen. Es dient dem Frieden, der Freiheit und der Gerechtigkeit. So – wie Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit dem Finden der Wahrheit dienlich sind, Voraussetzung für Verwirklichung der Wahrheit sind.
Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit sind Ziel und zugleich Ergebnis des Kampfes gegen Unfreiheit, gegen Ungerechtigkeit, gegen Unaufrichtigkeit, Dummheit und Lüge. Im Rahmen der Gesellschaft ist das Streben nach Wahrheit ein fortwährender Prozess des Kampfes um die Macht der Wahrheitsliebenden, der Friedlichen, der Aufrechten und Gerechten. Verwirklichung der Wahrheit bedarf der Macht der Fortschrittlichen, der Friedfertigen, der Freiheitskämpfer.
Die Macht der Arbeitenden, die Macht derjenigen, die den Reichtum der Gesellschaft schaffen, die Macht des Volkes ist Grundlage und Instrument der Wahrheitsverwirklichung.
1.  Historische Lügen
Die Texte von Geschichtenerzählern, Biographen und Erinnerungsschreibern nehmen oftmals auch Bezug auf die Lügen der Herrschenden. Diese – die Herrschenden – reden von ihrerseits „berechtigten“ Lügen, um – zum Beispiel, wie sie sagen – „die Bevölkerung nicht zu beunruhigen“. Aber vielmals erweisen sich dann im Nachhinein solche sogenannten berechtigten Lügen schlicht und einfach als Notlügen. Sie erweisen sich als Lügenbehauptungen, mit denen das Volk an der Nase herum geführt wird. Mit denen Fehlentscheidungen und sogar auch Verbrechen gerechtfertigt werden sollen.
Historische Akteure und genauso auch zahlreiche aktuell agierende Politiker, erfolgreiche Manager und Finanzmagnaten bieten in ihrer `Öffentlichkeitsarbeit` seit eh und je nicht nur sachlich Begründetes, Wohlfeiles für wahrheitsbewusste Informanten, sondern auch skandalträchtiges Material für unverfrorene Textverfasser. Für Boulevardblätter- und Karrierejournalisten, für auflagengeile Literaten und Verlage sowie für die digitalen Schnell-Twitterer.
Präsidenten und andere Politiker, Militärs und Wirtschaftsbosse agieren oftmals in ihren Reden am Rande der Tatsachen.

Das beginnt in der westlichen Welt schon bei bzw. mit den lautstark angepriesenen sogenannten „freien Wahlen“: Flächendeckend an jeder nur möglichen Straßenlaterne versprechen Kandidaten auf Wahlplakaten den Wählern `das Blaue vom Himmel herunter`.
Dabei erweist sich, dass in der Kapitalgesellschaft Wahlen in der Regel immer von denjenigen gewonnen werden, die am finanzkräftigsten sind. Es gewinnen die Politiker, hinter denen die eine oder eben eine andere Gruppe der stärksten Kapitalbesitzer steht. Und, wenn sich zum Beispiel durch Wahlergebnisse die Kräfteverhältnisse immer weiter nach rechts verschieben – dann tönt es lautstark: „Die Wähler haben es doch so gewollt …“
***
Die Auslösung und der Ablauf des Ersten und des Zweiten Weltkrieges sind nachweislich mit gewaltigen historischen Lügen maßgebender Politiker und Generäle verbunden.
> Der deutsche Kaiser und seine Generäle haben 1914 mit ihrem Gerede von drohenden militärischen Angriffen gegen Deutschland den Kriegsbeginn (Erster Weltkrieg) regelrecht herbeigeredet. Sie haben mit ihren Lügenreden von der „Schuld“ der anderen am Ausbruch des Krieges den Enthusiasmus der Deutschen zur „Verteidigung des Vaterlandes“ angestachelt – und Millionen dem Sterben auf den Schlachtfeldern Europas ausgeliefert.
> Der Überfall auf Polen, mit dem der Zweite Weltkrieg begonnen hat, ist gleichfalls von deutscher Seite mit einer ungeheuerlichen Kriegslüge eingeleitet worden: Adolph Hitler behauptete am 1. September 1939 im Deutschen Reichstag, dass die in Polen lebende deutsche Minderheit entrechtet und misshandelt werde. Dass es immer wieder schwere Grenzzwischenfälle gegeben habe. Auslösender Vorwand für den Kriegsbeginn war der auf Befehl Adolph Hitlers von der SS vorgetäuschte polnische Überfall auf den deutschen Rundfunksender Gleiwitz.
Und Hitler tönte: „… seit 5 Uhr 45 wird jetzt zurückgeschossen!“
Das war der ungeheuerliche, lügenschwere öffentliche Startschuss für millionenfachen Völkermord.
Im Mai 1945 ist dann nicht nur das gesamte über Jahre zurecht gezimmerte Nazi-Lügen-Gebäude, sondern auch das faschistische ökonomische, politische und militärische Regime insgesamt unwiderruflich zusammen gebrochen.
> Genauso sind auch nach dem Ende des Kalten Krieges die nachfolgenden imperialistischen Kriege in der Welt mit vorsätzlich falscher Propaganda, mit der Verbreitung von Halbwahrheiten und Lügen angezettelt worden:

    - der Vietnam-Krieg 1964,
    - der Nato-Überfall auf Jugoslawien 1999,
    - der von den USA ausgerufene und seitdem anhaltende
      „Krieg gegen den Terror“,
    - der Irak-Krieg 2003.
Zur Vertuschung der imperialen Bestrebungen zur Machtausweitung gegen Russland konstruierte Falschbehauptungen waren u. a. auch Anlass für den Ausbruch der bürgerkriegsähnlichen Kämpfe an der ukrainisch-russischen Grenze. Und solcherart falsche Informationen haben auch eine wesentliche Rolle bei der Auslösung der lang anhaltenden kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien mit tausenden von Toten gespielt.
> Der zurück liegende Wahlkampf in den USA, in dessen Ergebnis die Republikaner unter Ronald Trump die Regierung übernommen haben – das war eine mit Hochstapelei und Lügen gepflasterte Schlammschlacht der Mächtigen um die Gunst des Wahlvolkes. Und die Politik der Trump-Administration – das ist mit blitzschnellen Twittermeldungen des Präsidenten gepflasterte, einzig und allein US-amerikanischen Kapitalinteressen dienende Machtrealisierung auf Kosten anderer Völker. Das ist eine Politik, die gewaltige Gefahren für das friedliche Zusammenleben der Menschheit heraufbeschwört.

2.  Fragwürdige Politikerreden

Die weltweite Finanzkrise, der Abgasskandal, Umweltzerstörungen, die Verzögerung großer Bauvorhaben usw. – all das wurde und wird aus egoistischen Kapitalinteressen mit Vortäuschungen und Falschinformationen gerechtfertigt. Wahlreden der herrschenden bzw. an die Macht strebenden Parteien – das sind oftmals Aneinanderreihungen von wohlklingenden Allgemeinplätzen und Versprechungen, die sich nach der Wahl oftmals sehr schnell als vorsätzliche Wahl-Lügen-Propaganda herausstellen.
Die AfD hat als sog. Protestpartei nachweislich unzählige Wählerstimmen gewinnen können, weil ihre Spitzenakteure die tatsächlichen Ziele dieser neofaschistischen Partei schlichtweg verschwiegen haben.
> Als historische Lehre aus der deutschen Geschichte mit zwei von Deutschland ausgegangenen Weltkriegen hat sich die Bundesrepublik im Grundgesetz zur Wahrung der Menschenrechte als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt bekannt. Nach den Worten des Grundgesetzes ist oberster Auftrag des Bundestages, der Regierung, der einzelnen Ministerien, der Verwaltungen und Gerichte die Wahrung des Friedens, der Freiheit und der Schutz der Menschenwürde.
Im krassen Gegensatz dazu stehen die Aufrüstung der Bundeswehr, die aktive Beteiligung der Bundesrepublik an den aggressiven Bestrebungen der NATO, am Transit von NATO-Militär in den Nahen Osten, an Militäreinsätzen dort und in Afrika, die weitere Erhöhung der Ausgaben für die Bundeswehr, die Genehmigung von Waffenlieferungen in Krisengebiete usw./usf.
Das wohlklingende bundesrepublikanische Bekenntnis zu Frieden, Freiheit und Menschenrechten – das ist zu einem Großteil nichts anderes als Lügenpolitik, mit der von dem erneuten militärischen Engagement Deutschlands abgelenkt werden soll. „Frieden“, „Freiheit“, „Demokratie“ und „Gerechtigkeit“ – das sind in der westlichen Gesellschaft blendende Pathosformeln, die durch unendliche Wiederholung zu austauschbaren Leerformeln verkommen.
> Die herrschenden Kreise in der Bundesrepublik haben in den Zeiten des Kalten Krieges Jahrzehnte lang wohltönenden Versprechungen auf die Bevölkerung der DDR eingeredet, um ihre aggressiven Ziele verwirklichen zu können. Insbesondere vom „Schaufenster“ West-Berlin aus, haben sie den Ostdeutschen ein Schlaraffenland vorgegaukelt. Unverhohlen posaunten sie anhaltend Versprechungen aus, um Fachkräfte in großen Dimensionen aus der DDR abzuwerben und auf diese Weise den Aufbau des Sozialismus zu untergraben. Viele dieser Versprechungen haben sich später in Schall und Rauch aufgelöst. Erwiesen sich als Lügengerede.
Ganz gezielt ist dann in den 1980er Jahren die schrittweise Zerrüttung der realsozialistischen Wirklichkeit im Interesse des westdeutschen Großkapitals vorangetrieben worden. Es waren letztlich auch zu einem Großteil nichts anderes als im Sinne des Wortes historische Lügen, mit denen die herrschenden Kräfte der imperialistischen Bundesrepublik die Wiedervereinigung zu einem neuen Groß-deutschland bewerkstelligt haben.
Das euphorische Gerede der Beitritts-Betreiber „Niemandem wird es mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik schlechter gehen“, ist für viele ehrliche Menschen in Ostdeutschland zu großen Teilen unerfüllt geblieben. Hat sich für sie als infames Lügengerede erwiesen.
> 1999 ist die illegale Parteispendenaffäre der CDU in den 1990er Jahren unter dem damaligen Parteivorsitzenden Helmut Kohl aufgedeckt worden. Die CDU-Führung hatte jahrelang illegale Spenden in Millionen Höhe erhalten und diverse schwarze Konten geführt. Kohl hat geleugnet, von diesen Spenden und den schwarzen Konten gewusst zu haben…
> Auch in den dramatischen Auseinandersetzungen zur aktuellen Flüchtlings- und Asylpolitik wird nachweislich vertuscht, verschwiegen und gelogen. Parteienvertreter, Behörden, Polizei und Sicherheitsorgane operieren mit Falschangaben zu den Zahlen der Asylbewerber, zu den Fluchtursachen, zu den Beteiligten an Anschlägen und Gewaltausbrüchen, usw. Durch Falschbehauptungen offizieller Stellen wird der Unmut der Bevölkerung geschürt. Es wird regelrecht zu massenhaften Protesten angestiftet. Und die Polizei schützt mit Großaufgeboten rechte Aufmärsche und Gewaltaktionen vor den berechtigten antifaschistischen Gegendemonstrationen.

> Jahrelang hat die deutsche Automobilindustrie die Angaben über die tatsächlichen Abgaswerte der von ihnen produzierten Diesel-Pkw gefälscht. Die Firmenbosse der Automobilkonzerne beteuerten vorsätzlich und hartnäckig immer wieder ihr Nichtwissen und ihre Unschuld.
Die Lügenwirtschaft mit den Abgaswerten hat der bis dahin weltweit anerkannten deutschen Autoindustrie viele Millionen-schwere Schäden zugefügt. Hunderttausende Kunden im In- und Ausland sowie die Öffentlichkeit sind belogen und betrogen worden. Mit Lügenpolitik zwingt die Regierung Autobesitzer zum Kauf von Neuwagen – zugunsten der Autoproduzenten.
> Die Schließung und der dann folgende Totalabriss des Palastes der Republik, eines zu DDR-Zeiten errichteten hochmodernen Zentralbaus im Herzen Berlins für die Öffentlichkeit aus den 1970er Jahren, ist mit der Behauptung „Asbestverseuchung“ (!) begründet worden. Was war das im Grunde genommen anderes als eine vorsätzlich vorgeschobene Lügenbehauptung?

An dieser Stelle im alten Berliner Zentrum wird für viele Millionen die Neubau-Kopie des alten Berliner Schlosses errichtet – als Sitz für das durch die frühere deutsche Kolonialpolitik bereits vor der geplanten Eröffnung skandalbelastete „Humboldt-Forum im neuen Berliner Schloss“. Es ist ganz bestimmt etwas dran, wenn Berliner von diesem Bauwerk schlicht und einfach als einem modernen „Schloss der Verlogenheit“ sprechen.
> Die jahrelange millionenschwere Verzögerung der Fertigstellung des BER – auch das ist offensichtlich nicht allein eine Folge von Baumängeln und planerischem Versagen. Auch hier geht es letztlich um handfeste ökonomische Interessen, die mit Falschbehauptungen verdeckt werden sollen. Es geht zum Beispiel um die Interessen derjenigen in München und Frankfurt, die alles unternehmen, um die Inbetriebnahme eines weiteren Großflughafens auf deutschem Boden zu verhindern bzw. zumindest immer weiter zu verschieben – damit ihre Profite erhalten bleiben.
3.  Digitale Lügenhetze
      

Die digitale Revolution verändert flächendeckend Schritt für Schritt die gesamte Kommunikationsszenerie in der ganzen Welt.
Aber die digitale Revolution birgt auch erhebliche Gefahren. Sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich werden die modernen digitalen Mittel nicht nur für sachgerechte Information und Meinungsaustausch genutzt. Via Facebook, Twitter, Instagram, YouTube usw. senden zugriffs- und einschaltquotengeile digitale Dienstleister landauf landab ad hoc-Meldungen, Gerüchte und dabei eben wissentlich auch oft genug schlichtweg falsche “Informationen“. In Antwort auf gesendete Statements gehen bei Betreibern von Facebook-Accounts nicht nur zustimmende Rückmeldungen, sondern oftmals auch hassgeladene Kommentare und bedrohende Botschaften ein.
Die aktuelle digitale Datenwelt – das ist zu einem beachtlichen Teil eine gewaltige Anhäufung von Fragwürdigkeit, von Falsch- und Lügenbehauptungen.
Im Sekundentakt geistern Sensationsnachrichten von einem zum andern. Lösen unkontrollierbare Debattenstürme und oft sogar ganz unmittelbar brandgefährliche Konflikte aus. Fake-News und digital verbreitete Hassbotschaften werden millionenfach angeklickt, verlängern die Verweildauer im Internet. Das wird von den Internetdienstleistern skrupellos für höhere Einnahmen durch Werbung genutzt. -
Die infolge imperialistischer Kriege und der Unterdrückung anderer Völker ausgelösten weltweiten Flüchtlingsbewegungen Hunderttausender vollziehen sich zu großen Teilen gesteuert mit digitalen Mitteln; usw.
Das politische Handeln der Akteure der Parteien und Verwaltungen verändern sich durch die flächendeckende Digitalisierung vollständig. Traditionelle demokratische Strukturen werden durch absolute Transparenz abgelöst. Teilnehmer an Tagungen der verschiedensten Gremien, vom Bundestag bis in örtliche Parteiversammlungen simsen und twittern nach draußen – was das Zeug hält. Interne Meinungsäußerungen und Entscheidungen gehen per Smartphone unmittelbar in die Öffentlichkeit.

Die höchst problematische Nutzung des Internets für alles auch nur irgend Mögliche ist nicht auf den öffentlichen Raum begrenzt. Flächendeckend nutzen Angehörige aller Bevölkerungsgruppen Smartphone zur Information und Kommunikation. Jedermann ist jederzeit überall erreichbar. Dieser Dauerstress fördert psychische Fehlreaktionen und die Zunahme von depressiven Erkrankungen.
In immer größerem Umfang befördern einzelne Bürger ohne Skrupel auch Klatsch, Skandalnachrichten und sogar diskriminierende Bilder über die „besten Freunde“ mit einem Klick in die Öffentlichkeit. Auf der Flucht vor Isolation und Vereinsamung entfaltet sich über Twitter eine irreguläre Welt gigantischer Selbstbespieglung. Unbescholtene Bürger, vor allem Kinder und andere junge Menschen werden an den Pranger gestellt. Freundschaften, berufliche Karrieren, ja ganze Lebenswege werden zerstört.

Immer mehr nutzen auch rechtspopulistische Gruppierungen das Internet ganz gezielt für ihre Zwecke. Abwartend und händereibend zugleich beobachten die Rechten die erschreckende Zunahme der Verbreitung von Banalitäten und Meinungsmüll durch die offiziellen Medien.
Und in die dadurch entstehenden Freiräume stoßen zielgerichtet die rechten Ideologen mit ihren provokanten Fragen und verbalen Protesten. Mit wissentlichen Falschbehauptungen und Aufrufen zu irgendwelchen Aktionen.
Die Rechtspopulisten verbreiten zielgerichtet nach Aufmerksamkeit heischende Lügen.
Die Gefährlichkeit der Machenschaften bundesrepublikanischer Rechtspopulisten tritt schlagartig hervor, wenn diese mit ihrem Gerede von der „Auschwitzlüge“ sogar die millionenfach begangenen Verbrechen der Faschisten in den Konzentrationslagern in Frage stellen.
Die Furore der Internetentwicklung hat das Aufkommen der AfD regelrecht beflügelt. Die Regierenden und die öffentlichen Medien erweisen sich bislang oftmals außerstande, auf provokante rechte Angriffe umgehend sachgerecht zu reagieren. Rechte Populisten und Medien als deren Helfershelfer untergraben auf diese Weise schrittweise weite Bereiche der öffentlichen Meinungsbildung.
Fragwürdige Informationen und verfälschte Fakten und Daten können spontane Aktionen frustrierter oder auch nur labiler Leute auslösen. Sie können zu schweren kriminellen Handlungen missbraucht werden. Der Aufruf zur Teilnahme an unterschiedlichsten Protestaktivitäten erfolgt sekundenschnell über alle zur Verfügung stehenden Internetkanäle. Frustrierte und Gewaltbereite lösen Schlägereien und Zerstörungen aus.
Die politische Szenerie entwickelt sich insgesamt Schritt für Schritt immer weiter nach rechts. Es ist höchste Zeit, dass die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft Maßnahmen ergreifen, die zuverlässig vor dem Überhandnehmen des Missbrauchs der digitalen Techniken zur Unterhöhlung der demokratischen Ordnung schützen.
4.  Realsozialistische Defizite

Vor einem Jahrhundert ist die Arbeiterklasse, sind Kommunisten und Sozialisten in Russland angetreten, ein für alle Mal mit Ausbeutung, Egoismus, Ungerechtigkeit und Unwahrheit zu brechen. Die sozialistische Revolution, der Aufbau des Sozialismus war darauf ausgerichtet, eine Ordnung zu errichten, in der die Ursachen für Krieg, Gewalt, Ausbeutung des Menschen durch den Menschen und für jegliche Lügenpolitik für alle Zeiten beseitigt werden.
In der Sowjetunion und in den Ländern Osteuropas ist dabei in den Jahrzehnten bis 1989/1990 Bahnbrechendes geleistet worden. Das ist in die Geschichte des Fortschritts der Menschheit eingegangen.
In Ostdeutschland hat die SED-Führung – nachdem die schwersten Folgen des faschistischen Krieges beseitigt worden waren – 1952 beschlossen, in dem 1949 gegründeten Staat DDR zum „planmäßigen Aufbau des Sozialismus“ auf deutschem Boden überzugehen. Mit dieser Entscheidung zur Schaffung der Grundlagen für eine sozialistische Gesellschaft ist ein neues Kapitel in der deutschen Geschichte aufgeschlagen worden. Mit bewundernswerter Kraftanstrengung hat die Arbeiterklasse gewaltige Veränderungen in den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Verhältnissen eingeleitet.

Aber – der Realsozialismus nach sowjetischem Muster hat 1989/1990 eine vernichtende historische Niederlage erlitten. Die Zukunftsvisionen für eine friedliche, ausbeutungsfreie und gerechte Ordnung sind auch im Osten Deutschlands gescheitert. Und – es ist nicht zu leugnen, dass auch in der DDR im Prozess des sozialistischen Aufbaus immer mal wieder Fehlentscheidungen getroffen worden sind, die den Umgestaltungsprozess beeinträchtigt haben. Dass Irrtümer unterlaufen sind. Dass es immer mal wieder – wie es Walter Janka ausgedrückt hat – „Schwierigkeiten mit der Wahrheit“ gab.
Walter Janka – allseits anerkannter Leiter des Aufbau-Verlages hat sich gegen Nachwirkungen des Stalinismus und für die Liberalisierung der sozialistischen Verhältnisse in der DDR eingesetzt. Die Justiz der DDR verurteilte ihn 1957 wegen „Verbrechens gegen Art. 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik … zu 5 – fünf – Jahren Zuchthaus“.
Janka und den Mitangeklagten war aufgrund konstruierter Verdächtigungen vorgeworfen worden, „eine staatsfeindliche und konterrevolutionäre Gruppe gebildet“ zu haben, die „auf die Beseitigung der verfassungsmäßigen Staats- und Gesellschaftsordnung hingearbeitet“ hätte.
Mit einer Vielzahl von Verleumdungen und Lügenbehauptungen ist die Öffentlichkeit über die tatsächlichen Zusammenhänge und die Wahrheit der Abläufe und Bestrebungen getäuscht worden.

Das Schicksal von Walter Janka – ein bedrückendes Beispiel, an dem anschaulich wird, wie die Parteiführung, die Sicherheitsorgane und die Justiz der DDR mit erfundenen Falschbehauptungen und handfesten Lügen sogar auch gegen verdienstvolle Mitkämpfer vorgegangen sind. Anstelle der Konzentration aller vorhandenen Kräfte auf eine effektive und zugleich tatsächlich massenverständliche Politik ist – wie soll man es anders sagen – Kraft verschwendet worden für den Kampf gegen Andersdenkende und sogar gegen sogenannte „Feinde“ (!) in den eigenen Reihen. Kraft, die gefehlt hat für die Bewältigung der Hauptaufgaben der sozialistischen Umwälzung.

Immer wieder mussten Abstriche an den beschlossenen Planzielen vorgenommen werden – oftmals mit fragwürdigen Begründungen. Eintretende Verzögerungen, unliebsame Ereignisse, aus ungenügender Kenntnis getroffene Fehlentscheidungen und erlittene Rückschläge sind in der offiziellen Propaganda verschwiegen, geleugnet bzw. „vertuscht“ worden.
Aus dem Blickwinkel zurück zu den Umständen und möglichen Ursachen für`s letztendliche historische Scheitern des so erfolgversprechenden Anbeginns des sozialistischen Umbaus der Gesellschaft drängen sich heute Fragen auch dazu auf, ob die eine oder andere Maßnahme, ob die eine oder andere Weichenstellung bzw. der Zeitpunkt für einzelne getroffene Entscheidungen immer optimal gewesen sind? Oder, ob nicht gerade so manche dieser Entscheidungen tatsächlich falsch und unangebracht gewesen sind?
Nur ein Beispiel: Was ist in einer Gesellschaft, die sich sozialistisch nennt, von „Wahlen“ zu halten, bei denen für die Wähler de facto gar keine echte Wahlmöglichkeit bestanden hat? Bei denen höchste Stellen die Wahlergebnisse einfach manipuliert haben?
Genau genommen geht es bei vielen der diesbezüglich im Nachhinein zu beantwortenden Fragen nicht nur um die eine oder andere Einzelentscheidung. Es geht letztlich um eine ganze Reihe der in der Abfolge der historischen Ereignisse und Einschnitte 1949, 1952, 1953, 1961, 1986 und dann in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre gefassten Beschlüsse und eingeleiteten Maßnahmen. Diesbezüglich ergeben sich für ernsthafte, der historischen Wahrheit verpflichtete Historiker noch viele Ansatzpunkte und Stoff zum weiteren Nachdenken.
Rückschläge und das Auftreten von Schwierigkeiten und Problemen im realsozialistischen Aufbau haben verantwortliche Funktionäre wiederholt veranlasst, von den ursprünglich proklamierten Grundsätzen und Prinzipien abzuweichen. Manche Einschätzungen auf den SED-Parteitagen, offizielle Meldungen über den Stand der Planerfüllung, über die Wahlergebnisse, über den erreichten Lebensstandard der Bevölkerung usw. haben über die realen Fakten hinweg getäuscht.
Mit dem „Argument“ – es dürfen dem Gegner keine Angriffsmöglichkeiten gegen den Sozialismus geboten werden – haben führende SED-Funktionäre ja auch lange Jahre das verhängnisvolle Verdikt zum Stillschweigen über die Repressalien und Hinrichtungen in der Sowjetunion unter J. W. Stalin befolgt. Dadurch – durch dieses Jahre-, ja Jahrzehntelange Verschweigen ungeheuerlicher Verbrechen im Namen des Sozialismus und die nur zögerliche Abrechnung mit dem Stalinismus – ist der sozialistischen Idee unermesslicher Schaden zugefügt worden.
In der DDR sind zum Beispiel die Zahlen über die in all` den Jahren und Jahrzehnten Republikflüchtigen lange Zeit vor der Öffentlichkeit geheim gehalten bzw. gefälscht worden. Der mit amtlichen Stellen der Bundesrepublik abgestimmte, staatsoffiziell betriebene „Freikauf“ von mehr als dreißigtausend aus politischen Gründen strafrechtlich Verurteilten in die BRD gegen harte Währung wurde totgeschwiegen, u.v.a.
Und dann noch das von höchster Stelle erteilte Verdikt zum Stillschweigen über falsche Entscheidungen und verfehlte Praktiken! Das war doch letztlich zu Teilen gleichfalls nichts anderes, als schlicht und einfach Lügenpolitik wenn auch aus ganz anderen Gründen und mit anderen Vorzeichen als in der westlichen Kapitalgesellschaft. Eine Art von Politikausübung, die gerade deshalb, weil sie ja ursprünglich unter sozialistischen Prämissen angetreten war, Enttäuschung und tiefe Erschütterung bei vielen ehrlichen Menschen ausgelöst hat.

Verantwortliche Funktionäre des Arbeiter-und-Bauern-Staates haben in entscheidenden Punkten die eigenen sozialistischen Prinzipien verraten. Sie haben – wie soll man es anders sagen – sich selbst und andere schlicht und einfach belogen.
Das Ergebnis der ersten angeblich „freien“ Wahlen in Ostdeutschland zu „Wende“-zeiten, als alles möglich schien, spricht gerade dafür Bände. Die Mehrheit der Wähler im Osten ist im Sinne des Wortes regelrecht auf die das Paradies versprechenden Wahlphrasen der Kohl und Co. hereingefallen.
Möglich und real wurde eben nicht die von vielen Menschen erhoffte und angestrebte Erneuerung des Realsozialismus, sondern dessen historischer Untergang. Der Realkapitalismus hat die illusionsbeladenen Reformideen der Wende-Enthusiasten für einen besseren Sozialismus schlicht und einfach beiseite gefegt.
Die SED-Führung hatte über Jahrzehnte die Gewissheit vom in Bälde herannahenden historischen Scheitern des Monopolkapitalismus und vom objektiv gesetzmäßigen weltweiten Sieg des Sozialismus/Kommunismus propagiert. Im Vertrauen darauf sind immer wieder auch Entscheidungen getroffen worden, die die zunehmende Realitätsferne, den partiellen Wirklichkeitsverlust vieler Politiker belegen. In der Hoffnung, in der Illusion vom gesetzmäßigen Sieg des Sozialismus“ sind ihnen Irrtümer unterlaufen, haben sie schwerwiegende Fehlschlüsse gezogen.

Die immer wieder beschworene Überzeugung vom baldigen Untergang des Realkapitalismus – das war der problematischste Fehlschluss der führenden Kräfte des Realsozialismus auch in der SED. Diese immer erneut bestärkte unverrückbare Überzeugung war einer der grundlegenden Irrtümer der politisch Verantwortlichen in der realsozialistischen Gesellschaft.
Die Verkündung hoher strategischer Zielstellungen sollte die Bereitschaft befördern, große Anstrengungen für eine erstrebenswerte Sache zu unternehmen. Die politischen Konzepte und viele der strategischen Entscheidungen, die von diesem Eckpunkt aus getroffen worden sind, beruhten jedoch auf Fehlinterpretationen und Wunschvorstellungen. Sie sind von unrealen, nicht zutreffenden Voraussetzungen ausgegangen.
***
Die realsozialistischen Erfahrungen belegen, dass auch die Machtausübung mit sozialistischem Vorzeichen nicht vor Verselbständigung und vom Abheben der Mächtigen gefeit ist. Die Verärgerung erheblicher Teile der Bevölkerung über den Missbrauch von Machtfunktionen, über die unmäßige Nutzung von Machtprivilegien – das war dann auch einer der Gründe, weshalb der sozialistische Staat DDR so sang- und klanglos untergegangen ist.
Unzählige, bis dahin dem sozialistischen Staat treu ergebene, fleißig arbeitende Menschen sind nach dem erzwungenen Beitritt zur BRD ausgegrenzt, auf Knall und Fall ins Abseits befördert worden. Sie wurden zu Wende-Verlierern.
Wie die Geschichte weiter verlaufen ist, ist bekannt. Mit den Entscheidungen zum bedingungslosen Beitritt des bis dahin souveränen Staates DDR zur Bundesrepublik haben das westdeutsche und das internationale Kapital ihre angestrebten aggressiven Ziele verwirklichen können. Es ist erst einmal unwiderruflich historischer Fakt: Seit dem Untergang des Realsozialismus herrschen die Kräfte der internationalen Monopolgesellschaft weltweit brutaler als je zuvor. Die Weltsituation ist insgesamt der Macht- und Lügenpolitik des aggressiven Monopolkapitals mit den Trump-USA an der Spitze ausgeliefert.
Und zugleich ist eben nicht zu leugnen, dass die nunmehr eingetretene Situation mit all ihren negativen Folgen nicht unerheblich auch dem Versagen der seinerzeit in maßgebenden Positionen der realsozialistischen Gesellschaft verantwortlichen Politiker 1989 – 1991 geschuldet ist. Die in entscheidenden Zeiten Verantwortlichen hatten keine Konzepte für den eintretenden Ernstfall. Sie waren auf eine derartige Systemkrise nicht vorbereitet. Fehlentscheidungen, Unaufrichtigkeiten, das Leugnen eindeutiger Fakten und Falschinformationen durch führende Leute wurden regelrecht zu Sargnägeln für den Realsozialismus.
Bezogen auf die Erfahrungen des Realsozialismus und zugleich auf sein historisches Scheitern gehört zur Wahrheit bei der Suche nach künftigen Alternativen zum Realkapitalismus:
Notwendig ist ein grundsätzlich neuer Anfang für einen anderen Sozialismus. Für einen Sozialismus, der nicht mit unredlichen Mitteln aufrechterhalten werden muss. Weder mit unterschiedlichen Formen der Gewaltausübung gegen Andersdenkende, noch mit – in welcher Form auch immer – vorsätzlichen Falschbehauptungen oder Lügen.
5.  Probleme mit der Erinnerung
Auf der einen Seite verfassen Historiker und Politikwissenschaftler im Westen abwertende Texte über eine Welt, die sie weder aus eigenem Miterleben noch auch nur aus eigener Anschauung kennen. Diese Werke strotzen in der Regel vor Besserwisserei aus der Sicht der westlichen Welt. Auf der anderen Seite treten Geschichtsbetrachter, die die DDR erlebt und zum Teil in verantwortlichen Positionen mitgestaltet haben, DDR- Diffamierungstexten aus bornierter westlicher Sicht mit aller Entschiedenheit entgegen. Und das völlig zurecht. Sie verwahren sich entschieden gegen die pauschale Entwertung der Lebens- und Arbeitsleistung der Angehörigen mehrerer Generationen der ostdeutschen Bevölkerung.
Bei der realsozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft haben die Menschen im Osten Deutschlands Gewaltiges geleistet. Die Errungenschaften bei der ökonomischen, sozialen und politischen Veränderung sind in die für immer bleibende Real-Geschichte des Sozialismus eingegangen. Ehrliche autobiografische Aufzeichnungen darüber sind ganz wichtige Zeugnisse über diese Zeit für die Meinungsbildung der nachfolgenden Generationen in Ost und West.

Wenn hier von Verfälschungen, von Irrtümern und Lügen die Rede ist, darf aber auch nicht übergangen werden: Angesichts der unbestreitbaren Fakten der historischen Abläufe insgesamt ist es befremdlich, wenn manche rückblickende Aufarbeitungen zur DDR und zum Realsozialismus fast ausschließlich nur auf die seinerzeitigen historischen Errungenschaften verweisen.
Angesichts derartiger DDR-nostalgischer Schönfärbereien drängt sich mit Vehemenz die Frage auf, wie es denn, wenn alles so vollkommen war, wie manche dieser Textverfasser im Nachhinein behaupten, überhaupt dazu kommen konnte, dass der Realsozialismus so ernüchternd unspektakulär gescheitert ist. Dass Hunderttausende auf den Straßen den Auf- und Umbruch gefordert haben. Dass die in diesen Monaten verantwortlichen Politiker mit höchst fragwürdigen Entscheidungen den holter-die-polter-Beitritt des bis dahin souveränen Staates DDR zur BRD auf den Weg bringen konnten. Wie es – um alles in der Welt – möglich werden konnte, dass diese verantwortlichen Leute mit ihren ad-hoc-Entscheidungen und -Verträgen den ostdeutschen Staat regelrecht verscherbelt haben.
Wenn es heute darum geht, Konzepte für neue Ansätze in Richtung einer tatsächlich gerechten und menschlichen Gesellschaft zu finden, gehört es zur Verantwortung von DDR-Erinnerungsschreibern, auch die Irrtümer, das Falsche, das Versäumte und Missratene, „die Unvollkommenheiten des Vergangenen“ (Egon Krenz) zu benennen, das seinerzeit zum Untergang beigetragen hat.
Wer sich diesem Teil seiner Verantwortung entziehen will und als Ursache für den Untergang nur immer wieder allein und ausschließlich auf die aggressiven Machenschaften von außen verweist, der führt heute noch auf unheilvolle Weise fort, was seinerzeit von verantwortlichen Leuten falsch gemacht worden ist. Der unternimmt den fragwürdigen Versuch, auch noch nachträglich zu rechtfertigen, was zum Scheitern des Realsozialismus beigetragen hat.
Einige DDR-Erinnerungsschreiber kritisieren – natürlich zutiefst berechtigt – mit aller Schärfe die aggressive und unsoziale Politik der BRD-Mächtigen von heute und verweisen dazu rückblickend zum Vergleich auf die Errungenschaften der DDR-Gesellschaft.
Sie schwärmen in ihren Erinnerungstexten von der untergegangenen DDR – auf der anderen Seite aber nutzen sie selbst, ihre Familienangehörigen, Kinder und Enkel heute in dieser, von ihnen in Bausch und Bogen verdammten deutschen Bundesrepublik ganz selbstverständlich alle Möglichkeiten und Annehmlichkeiten, von denen zu DDR-Zeiten die meisten einfachen Leuten dort nicht einmal träumen konnten.
Wie dramatisch das alles ist, tritt schlaglichtartig am Problem der Abwanderung Hunderttausender aus Ostdeutschland nach Westen zu Tage: In den Westen abgewandert sind zu DDR-Zeiten und auch in den Jahren danach vor allem junge, engagierte, mobile, oftmals gut ausgebildete Leute. Die Älteren haben die Jüngeren nicht davon abhalten können.
Aber die Wahrheit ist nun einmal: Die Abgewanderten haben im Osten gefehlt.
Sie wären dringend gebraucht worden für die Aufrechterhaltung eines normalen Arbeits-, Städte- und Gemeindelebens in Ostdeutschland. Und: Sie werden auch gegenwärtig und für die Zukunft dringend gebraucht für die Konsolidierung der Verhältnisse. Sie werden dringend gebraucht um zu verhindern, dass ganze Landstriche ihrer ursprünglichen Heimat dem Verfall ausgeliefert werden. Dass insbesondere dort rechte, gewaltbereite Leute immer mehr die Oberhand gewinnen.
Die Mehrzahl der seinerzeit aus Ostdeutschland Abgewanderten hat bis heute
n i c h t den Weg in die ursprüngliche Heimat zurück gefunden. Aber es ist offensichtlich: Vor allem durch die Rückkehr der seinerzeit in den Westen Abgewanderten könnte ein ganz entscheidender Beitrag zur dringend erforderlichen Konsolidierung der politischen, ökonomischen und sozialen Lage hier geleistet werden.
Es geht darum, dass die Verwaltungen und die Betriebe noch viel zielgerichteter seinerzeit Abgewanderte ansprechen und ihnen Angebote unterbreiten zurückzukehren. Und es geht vor allem auch darum, dass sich die Eltern und Großeltern, die früheren Kollegen, Freunde und Bekannten noch viel nachdrücklicher persönlich einsetzen für die Rückkehr der seinerzeit Abgewanderten, ihrer Kinder und Enkel in die Städte und Dörfer, aus denen sie bzw. ihre Eltern damals verschwunden sind.
Die Rückkehr seinerzeit Abgewanderter nach Ostdeutschland erfordert, dass endlich Schluss gemacht wird mit der ökonomischen Benachteiligung. Dass dort landesweit in tatsächlich erheblichen Größenordnungen Investitionen getätigt und Unternehmen angesiedelt werden. Dass neue attraktive Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden.
Der nachdrückliche ideenreiche und effektive Einsatz für die Rückkehr der aus Ostdeutschland Abgewanderten – das wäre gewiss die beste Unterstützung für alle Aktionen gegen zunehmende Verunsicherung und das Aufkommen der Neonazis im Osten.
Der entschiedene Einsatz für die Rückkehr der vor Jahren in den Westen Abgewanderten in ihre Heimat
– das würde dem verständlicherweise zunehmenden Frust und dem Aufbegehren gegen das immer aggressivere Auftreten rechter Populisten in Ostdeutschland entschieden mehr Durchschlagskraft verleihen, als so mancher lautstarke verbale Protest. Er würde gewiss auch mehr bewegen als so mancher überwiegend nostalgisch schön färbender DDR-Erinnerungstext.
***
Keine Lügen mehr!
Das heißt: Kampf gegen jegliche Verfälschung der Geschichte. Gegen die Verdrängung der Schrecken der Nazi-Herrschaft, gegen die Vertuschung der Ursachen und Verantwortlichkeiten für Krieg und Völkermord.
Das ist die unmissverständliche Aufforderung zum entschiedenen Kampf gegen die Vertuschung der Ziele und der Praktiken von Monopolen, Finanzmagnaten und deren Regierungen zu ökonomischer, politischer und militärischer Weltherrschaft. Zum Kampf gegen Sozialabbau, Gewalt und Entfremdung; zur Entlarvung des verlogenen pathetischen Geredes von Gerechtigkeit und Menschenrechten.
Das ist die Forderung, unnachgiebig die Lügenpropaganda der Rechtspopulisten zurückzuweisen.
Keine Lügen mehr!
Das heißt: Entschiedene Zurückweisung der andauernden Diffamierung der damals geschaffenen großen ökonomischen, sozialen und kulturellen Errungenschaften bei der realsozialistischen Umgestaltung. Das heißt vor allem: Mehr Respekt für die Anstrengungen und die Lebensleistung der arbeitenden Menschen in der DDR!
Und, das schließt zugleich auch ein, selbstkritisch Fehlorientierungen, falsche Versprechungen und Versäumnisse bei der Verwirklichung der hoch gesteckten sozialistischen Zielstellungen zu benennen, die letztlich zum tragischen Scheitern, zur historischen Niederlage des Realsozialismus beigetragen haben.

(Auszüge aus der Broschüre von Gerwin Udke:
Keine Lügen mehr! Irrtümer – Lügen – Wahrheiten, 60 Seiten, Berlin 2019)